Vorderasiatische Archäologie
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Forschungsgeschichte und erste Ergebnisse

Schon in der Altsteinzeit wurde die Region von Menschen genutzt, wie die paläolithischen Höhlen von Hotu, Kamarband (Belt-Cave) und Komishan zeigen. Kleinere Fundplätze im Umfeld von Gohar Tepe wie der frühneolithische Togh Tepe und der wohl etwas spätere Abbasi Tepe lassen erahnen, dass die Küstenebene von Mazandaran auch eine wichtige Rolle in der Neolithisierung Nordostirans gespielt haben dürfte. Die Funde besitzen zum einen Bezüge zu den jungsteinzeitlichen Kulturgruppen des iranischen Hochlandes, zum anderen gute Verbindungen zur Dzejtun-Kultur des südlichen Turkmenistan.

 

In Gohar Tepe selbst stammen die ältesten Funde aus dem späteren Chalkolithikum. Es handelt sich um eine dunkelrote Keramik mit geometrischer Bemalung in schwarzer Farbe, die auch in anderen Fundorten des östlichen Mazandaran und der angrenzenden Gorgan-Ebene auftaucht und die wir in etwa in die Mitte des 4. Jt. v. Chr. datieren können. Zur gleichen Zeit beginnt die Produktion einer monochromen grauen Keramik mit Politurverzierung (Eastern Grey Ware), die in Nordostiran als prägendes Element der folgenden Bronzezeit gilt. Wie die C-14-Daten aus verschiedenen Schnitten zeigen, setzt ab der zweiten Hälfte des 4. Jt. v. Chr. in Gohar Tepe eine intensive Siedlungstätigkeit ein, die zu einem gewaltigen Anwachsen des Ortes führte. Eine während der ersten Grabungskampagne angeschnittene Mauer mit Rollsteinfundamenten und noch siebzehn erhaltenen Lagen von Lehmziegeln lässt darauf schließen, dass sich hier während der Früh- und Mittelbronze- zeit der zentrale Hauptort der Region befunden haben dürfte. Verbindungen sind unter anderem zu den großen Siedlungen der Gorgan-Ebene wie Schah Tepe und Tureng Tepe, aber auch zu Fundorten südlich des Alborzgebirges wie Tepe Hissar vorhanden. Einige Funde deuten aber auch Fernbeziehungen bis nach Südostiran (Shahdad) und das Vorland des Kopet Dagh im südlichen Turkmenistan (Altyn Depe) an.

Schnitt
Profilschnitt

Wohl bereits ab der zweiten Hälfte des 3. Jt. v. Chr. beginnt der Niedergang des Ortes. In frühere Siedlungsstrukturen eingetiefte Gräber legen nahe, dass der besiedelte Bereich stark schrumpfte. Die Gründe dieses Niedergangs, der auch in zahlreichen anderen Fundstellen in Iran und Zentralasien festzustellen ist, sind nach wie vor ungeklärt. Eventuell könnten klimatische Veränderungen eine Rolle gespielt haben.

In der Spätbronzezeit wird Gohar Tepe dann vor allem als Friedhofsareal genutzt. Die zahlreichen Bestattungen dieses Zeithorizontes bereichern unser Wissen um den Übergang von der Bronze- zur Eisenzeit im Iranischen Hochland bereits jetzt ganz erheblich. Weitere Erkenntnisse zu diesem Themenfeld sind für die Zukunft zu erwarten. Die Auswertung der menschlichen Knochenfunde aus der Kampagne 2009 wurde von A. Soltysiak vom Institut für Bioarchäologie der Universität Warschau durchgeführt. Die Ausdehnung der Siedlung, die vermutlich aus einfachen Gehöften bestand, konnte bisher weder für die Spätbronze- noch für die nachfolgende Früheisenzeit geklärt werden. Zahlreiche Siedlungsbefunde wie Pfostenlöcher, verstürzte Lehmwände, Türangelsteine oder vereinzelte Lehmziegel zeigen, dass der Ort auch in dieser Zeit noch intensiv besiedelt war.

Grab
Spätbronzezeitliche Bestattungen der iranischen Grabungen

Im ausgehenden 2. und frühen 1. Jahrtausend v. Chr. lassen sich gute Verbindungen zu den eisenzeitlichen Fundorten in Zentral- und Nordiran (z. B. Marlik oder Gheytariyeh) nachweisen. In dieser Zeit wird auf einem steilen Hügel am Nordostrand von Gohar Tepe offenbar eine Befestigung angelegt. Die zugehörigen Siedlungsreste und Gräber der Eisenzeit II und III konnten während der Kampagne 2009 vom deutschen Team in Gohar Tepe untersucht werden.

Damit endet, abgesehen von einigen wenigen späteren Funden, die Nutzung von Gohar Tepe als Siedlung und Gräberfeld. Dies bietet den vor Ort arbeitenden Archäologen den Vorteil, ohne größere Umstände direkt in die eisen- und bronzezeitlichen Schichten vordringen zu können.

Gefäß 1
Gefäß aus einem spätbronzezeitlichen Grab