Vorderasiatische Archäologie
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Historische Geographie Nordmesopotamiens im 2. Jahrtausend

Historische Geographie Nordmesopotamiens im 2. Jt. v. Chr. HIGEOMES / TEXTELSEM

Projekt TEXTELSEM:

"Texte, Tells und Semantik: Modellierung der historischen Geographie Nordmesopotamiens im 2. Jt. v. Chr. mittels der integrierten Analyse von Texten, Archäologie und Raum, Geoinformatik und dem semantischen Netz"
"Textes, tells et sémantique : modéliser la géographie historique de la Mésopotamie du nord du 2e
mill. av. J.-C. grâce à l'analyse intégrée des textes, des données archéologiques et au recours à la
sémantique du web et à la géoinformatique"


Im April 2013 wurden die Arbeiten im deutsch-französischen Projekt TEXTELSEM aufgenommen, das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und der Agence National de la Recherche (ANR) finanziert wird. Es ist auf 36 Monate ausgelegt und baut im wesentlichen auf den Erkenntnissen des ebenfalls von der DFG und der ANR geförderten Projekts "HIGEOMES" auf. Am Projekt beteiligt sind die Teildisziplinen der Vorderasiatischen Archäologie (Leitung: Prof. Dr. A. Otto, LMU München) und der Assyriologie (Leitung: Prof. Dr. E. Cancik-Kirschbaum, FU Berlin und Dr. N. Ziegler, CNRS Paris). Die Leitung der Arbeiten im Bereich der Geoinformatik und Semantischen Datenverarbeitung und Darstellung obliegt Prof. Dr. K.-Ch. Bruhn (FH Mainz) und Dr. C. Cruz (Université de Bourgogne, Dijon).

Projektbeschreibung

Das Ziel von TEXTELSEM ist die Modellierung der historischen Geographie des nordmesopotamischen Raums im 2. Jt. v. Chr. und Schaffung einer virtuellen Forschungsumgebung auf Grundlage archäologischer, philologischer und geographischer Informationen, die mittels IT-gestützter Formen des Wissensmanagements verwaltet werden.
Keilschriftliche Texte enthalten eine Vielzahl an Toponymen und Informationen zu Orten, Landschaften und Reiserouten, die wir bisher nur zum Teil tatsächlichen geographischen Gegebenheiten und Fundorten zuordnen können. Auf der anderen Seite stehen uns aufgrund der seit 150 Jahre andauernden archäologischen Forschungen im Vorderen Orient inzwischen eine Vielzahl an Informationen zu Siedlungen und Räumen, die in die entsprechenden Perioden der Mittel- und Spätbronzezeit datieren, zur Verfügung. Hinzu kommen landschaftliche Daten über die Geographie und Umwelt, die unser Informationsnetz komplettieren. TEXTELSEM zielt nun auf die Verbindung dieser Informationen durch den Ausbau einer auf Konzepten der semantischen Datenbeschreibung beruhenden Informationsintegration. Im Zentrum des Projekts stehen neben der Neuaufnahme und Auswertung altorientalischer Texte und archäologischer Befunde, die gemeinsame Entwicklung geeigneter Ontologien für die Beschreibung der disziplinären Datenbestände. Die gesammelten Informationen werden schließlich mittels einer Webdatenbank mit verknüpftem GIS online und in Buchform zur Verfügung gestellt.

Aus methodischen Gründen wurde der geographische Raum Vorderasiens artifiziell in Forschungszonen (Bild 1) aufgeteilt.

Bild 1

Bild 1 - Forschungszonen von TEXTELSEM

Sie erlauben eine Vorsortierung und grobe Zuordnung antiker Toponyme zu geographischen Großräumen. Die Grenzen der Zonen bilden keine historische Realität ab, sondern koppeln unser Verständnis der geopolitischen Strukturen mit den naturräumlichen Zonen. Zugleich erlauben sie automatische Filterungen in den Datenbanken. Die Bereiche B bis F bilden den Kernbereich der Untersuchungen, der bereits im Vorgängerprojekt HIGEOMES aufgenommen wurde. In TEXTELSEM wurde das Gebiet um den osttigridischen Raum (Bereich H) erweitert, der ein wichtiger Siedlungsraum und Bindeglied im Verkehrsnetz des Alten Orients darstellte.

Das systematische Sammeln und Auswerten archäologischer und raumbezogener Daten ist die Hauptaufgabe des archäologischen Arbeitsbereich an der LMU München (Adelheid Otto, Christoph Fink, Michael Herles). Dazu wird die Sekundärliteratur bezüglich zeitlich und räumlich passender Fundorte geprüft und in die Datenbank eingegeben. Das Hauptuntersuchungsgebiet von TEXTELSEM umschließt dabei ungefähr eine Fläche von 200.000 km². Im syrischen Bereich sind ca. 2/3 der Fläche durch Ausgrabungen und insbesondere Surveys erschlossen worden, so dass wir uns heute ein relativ gutes Bild vom antiken Siedlungsmuster und dessen Kontinuitäten machen können. Inzwischen wurden bereits über 1100 Fundorte aufgenommen.
Da sich die Umwelt aufgrund moderner Landwirtschaft und wasserbaulicher Tätigkeiten stark verändert hat und die politische Lage Untersuchungen vor Ort unmöglich gemacht haben, greifen wir in der Rekonstruktion der vormodernen Landschaft insbesondere auf historische Karten und Reisebeschreibungen zurück. Digital zugängliche Satellitenbilder komplettieren die Arbeiten zur Beschreibung der Geländebeschaffenheit (Bild 2/3).

 Bild 2

   Bild 2 - Ausschnitt einer historischen Landkarte. Region um Assur (Oppenheim 1899)

Bild 3

Bild 3 - Ausschnitt eines CORONA-Fotos im Bereich des mittleren Balih

Zusammengeführt werden all diese Daten schließlich in IT-gestützten Formen des Wissensmanagements. Grundlage ist ein gemeinschaftlich erarbeitetes, wissensgestütztes Informationssystem, das fachwissenschaftlich durchdrungene Datenbestände so integriert, dass neben der Recherche und interoperablen Bereitstellung der Informationen auch eine teilautomatisierte Generierung von Hypothesen möglich wird. So können durch Technologien des Knowledge Discovery großräumig vage Lokalisierungshypothesen des Typs „irgendwo in Region XY“ entscheidend eingeengt und Identifizierungshypothesen auf Grundlage des vorhandenen Wissens generiert werden (Bild 4).
In der Zusammenarbeit der französischen und deutschen Kooperationspartner verbinden sich komplementäre Kompetenzen, die es diesem Projekt ermöglichen, historisch-systematische Grundlagenforschung mit der Entwicklung neuer Analyse- und Visualisierungsmethoden zu verbinden und digital bereit zu stellen und auf lange Zeit zu sichern.

Bild 4

Bild 4 - Graph Visualisierung im WebGIS

 

Publikationen

  • E. Cancik-Kirschbaum & N. Ziegler (Hrsg.), Entre les fleuves – 1. Untersuchungen zur historischen Geographie Obermesopotamiens im 2. Jahrtausend v. Chr., BBVO 20, Gladbeck, 2009.
  • N. Ziegler & E. Cancik-Kirschbaum (Hrsg.), Entre les fleuves – II. D’Aššur à Mari et au-delà, BBVO 24, Gladbeck, 2014.
  • Eine Reihe von Kurzbeiträgen verschiedener Projektteilnehmer sind 2015 unter dem Titel „En marge d’HIGEOMES“ initiiert worden und erscheinen in N.A.B.U.
  • E. Cancik-Kirschbaum, E. Ch.; Hess, Ch. (2016): Materialien zu Toponyme und Topographie. Obermesopotamien im 2. JT. v. Chr.nI/2.
  • Fink, C. (2016) : Materialien zu Toponyme und Topographie. Obermesopotamien im 2. JT. v. Chr.nI/3.
  • Ziegler, N.; Langlois, A. I. (2016): Materialien zu Toponyme und Topographie. Obermesopotamien im 2. JT. v. Chr.nI/1.

Publikationen in Vorbereitung

A. Otto - E. Cancik-Kirschbaum - N. Ziegler (éd.), Materialien zur Toponymie und Topographie/Matériaux pour l’étude de la Toponymie et de la Topographie, erscheint in: Institut des civilisations, Proche-Orient ancien, OpenEdition Book du Collège de France, 2015.
A. Otto – E. Cancik-Kirschbaum – N. Ziegler, HIGEOMES 1 – Les itinéraries, erscheint in der Reihe BBVO.

Weiterführende Links

 

Kontakt

Christoph Fink M.A.: Christoph.Fink@vaa.fak12.uni-muenchen.de

Dr. Michael Herles M.A.: michael.herles@vaa.fak12.uni-muenchen.de

Prof. Dr. Adelheid Otto: aotto@lmu.de